Hier dann mal wieder einen Eintrag über die Arbeit bzw. Kultur in Malaysia. In dem Projekt für den Kunden Proton verwenden wir als Basis die Software “Teamcenter 8” von Siemens PLM, einer Tochter von Siemens mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten.
Wenn man in Malaysia Projekte machen will, gibt es prinzipiell folgende Wege:
- Man bringt sehr gute Leistung oder hat entsprechende Referenzen.
So hat das z.B. bei der Auswahl von HP durch Proton sicher eine große Rolle gespielt, da wir bereits das Vorgängerprojekt vor knapp 10 Jahren realisiert haben. - Man kennt jemanden bei der Firma, mit der man Geschäfte machen will. So gibt es verschiedene “Beraterfirmen”, die von ehemaligen Mitarbeitern großer Firmen gegründet wurden.
Will man dann mit der großen Firma Geschäfte machen, kann man die Beraterfirma engagieren um größere Chancen zu haben. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn man vorher selbst dort noch keine Leute kennt. - Kein Geheimnis, sondern eigentlich jedem bekannt ist hier die große Verbreitung von Korruption. Speziell bei großen Aufträgen oder beim Arbeiten mit staatlichen/staatsnahen Konzernen, ist es hier üblich “spezielle Prämien” zu bezahlen.
Es ist hier dann auch so, dass Politiker ausnahmslos reich sind. Die können sich alle große Autos und Häuser kaufen, obwohl das Einkommen ihrer politischen Tätigkeiten dafür wohl nicht ausreichen dürfte ;-).
Und auch wenn man mal einen Auftrag hat, gehen die politischen Spielchen weiter. Hab ja bei einem deutschen Autohersteller schon so einiges mitbekommen, wie Entscheider dort arbeiten, aber hier ist es dann nochmal ganz etwas anderes.
Neben dem PLM Projekt (Größenordnung ca. 24 Millionen Ringgit) ist der Kunde aktuell bei einer Ausschreibung für ein ERP-Projekt (Ablösung / Upgrade ihrer SAP-Landschaft), das von der Größenordnung noch größer sein soll.
Wichtige Leute bei IT scheinen HP für das Projekt nicht unbedingt haben zu wollen. Bzw. das ist dann noch freundlich ausgedrückt.
Im Projektalltag gibt es immer wieder Situationen, dass Probleme in unserem Projekt erzeugt werden sollen um HP in einem sehr schlechten Licht zu zeigen, so dass man dann für das andere Projekt eine einfachere Entscheidung gegen HP treffen kann.
So wird beispielsweise kurz vor dem Go-Live gesagt, dass der Web-Server, den HP einsetzen will, ja nicht sicher sei. Obwohl das schon 1 Jahr vorher im Angebot stand und immer so vorgeschlagen wurde. Dafür wurden dann auch keine Gründe vorgenommen. Hier dann sogar der CIO in einem Meeting gesagt: “Bevor wir hier irgendwas tun, soll er [Proton-Verantwortlicher] doch mal sagen, warum die Software unsicher sei und nicht benutzt werden kann. Nur aufgrund des Gefühl eines Einzelnen kann man doch keine Entscheidung treffen”.
Dazu muss man dann wohl anmerken, dass der CIO ein Amerikaner ist, sehr pragmatisch und freundlich :-). Er will sich dann an politischer Spielereien (zumindest bisher) auch nicht beteiligen.
Oder ein anderes Beispiel: HP hatte bei der Lieferung der Hardware aus Versehen etwas geliefert, das nicht im Vertrag enthalten war (Backup-Band). Da es wohl recht teuer ist, will HP das nun wieder zurück haben. Das ist ja auch klar verständlich und in Deutschland würde der Kunde dem wohl kurzfristig nachkommen. Hier ist es dann aber etwas anders. “Nein, was ihr geliefert habt, gehört uns. Das Band geben wir Euch nicht mehr zurück”.
Als jemand wie ich, der sich auf die Technik konzentriert und nur seine Arbeit machen will, kann über solche Dinge natürlich nur den Kopf schütteln :P.
Und auch Siemens, Partner von HP und in keiner direkten Partnerschaft mit Proton, macht bei den politischen Spielen mit.
So wird Proton von Siemens immer wieder gesagt: “HP kann das Projekt nicht alleine stemmen. Siemens bietet diese und jene [z.B. Performance-Optimierung; Installationshilfe] Dienstleistungen an”. Und Proton fragt dann immer HP bzgl. dieser Punkte an und in einigen Fällen fühlt sich HP dann genötigt diese Services auf eigene Kosten zu kaufen.
Wobei Siemens mit ihrer Vorgehensweise dann zumindest einige Leute hier verärgert. So werden z.B. Termine mit hohen IT-Verantwortlichen ausgemacht, ohne dass Leute aus dem Projekt involviert sind. Die Projekt-Manager haben mittlerweile auch ein eher schlechtes Bild über Siemens und (glücklicherweise) ein recht positives über HP ;-).
Just diese Woche gab es dazu auch ein ganz netter Ereignis, das HP gleich gegenüber den Skeptikern bei Proton angebracht hat ;-).
Für meinen Bereich (Technische Dokumentation, Erstellung von Service- und Fahrzeug-Handbüchern) verwenden wir eine Komponente der Teamcenter -Software, die erst sehr neu ist und auch noch einige Fehler enthält ;-).
Nach dem Abnahmetest mit dem Kunden haben wir dann innerhalb von einigen Tagen etwa 10 Fehler im Siemens-Fehlermanagement System eingetragen. Aufgrund vieler Fehler in kurzer Zeit wurde das Ganze an die Produkt-Managerin der Komponente in den USA eskaliert.
Diese hat dann eine Telefonkonferenz mit uns engagiert. Als wir sagten, dass die Fehler im Abnahmetest gefunden wurden kam folgender Kommentar: “Wow, ich bin beeindruckt. Das es ein Kunde/System-Integrator überhaupt bis zum Abnahmetest schafft ohne Leute von Siemens einzubinden / zu beauftragen, ist dann doch ungewöhnlich” :-).
Dazu muss man anmerken, dass wir die Software in einem Prototyp in Deutschland schon verwendet und Trainings von den Entwicklern aus Flensburg bekommen haben.
Aber sie hat vermutlich recht mit dem Kern ihrer Aussage, dass es ohne Siemens-Hilfe schwer ist die Software zu verwenden oder anzupassen. Dies liegt aber daran, dass es einerseits keinerlei Dokumentation oder Programmierbeispiele für die Komponente gibt, und zusätzlich die Komponente nicht unbedingt die stabilste. (So ließ sich die Original-Distribution dann beispielsweise nicht einmal installieren ohne “gewisse” [nicht so ganz legale :P] Anpassungen vorzunehmen)
Nachdem in einer Sitzung des Steuerkreises mit HP, Siemens und Proton wieder Aussage von Siemens bzgl. der Kompetenz von HP kamen, wurde dies als Beispiel genannt, dass HP auch gut alleine zurecht kommt. (Wurde mir so von unserem Projekt Manager berichtet. Am Steuerkreis nehme ich dann nicht teil. Mir reichen hier auch schon die wöchentlichen Projektmeetings :P)
Das sind dann natürlich auch mal gute Aussagen und Punkte von HP-Seite :-).
Auch wenn es hier dann irgendwann Problem geben könnte, wenn HP Malaysia meine Komponente übernimmt.
Seit mein Kollege vor ein paar Monaten “abgehauen” ist, arbeite ich daran komplett allein. Es wurden zwar immer wieder Kollegen angewiesen, sich in das Thema einzuarbeiten, aber bisher hat da keiner auch nur angefangen ;-).
[Dieses Mal ohne englische Übersetzung. Da evtl. 2 oder 3 Kollegen vom Kunden bzw. HP Malaysia das lesen könnten, muss das dann nicht sein :P. Und außerdem zu lang ;D]